Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB)Ausdruck vom 26.04.2024 19:41 Uhr

KVB-Presseinformation

Wartezeit von der ersten Sprechstunde bis zum Beginn einer Psychotherapie beträgt in Bayern 97 Tage

München, 10. Februar 2023: Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) hat anhand der ambulanten GKV-Abrechnungsdaten der Jahre 2019 bis 2021 untersucht, wie lange Patienten mit psychischen Erkrankungen in Bayern auf den Beginn einer psychotherapeutischen Behandlung warten müssen. Die Analyse der KVB bezog 68.898 Patienten ein, die im Kalenderjahr 2021 in Bayern eine Psychotherapie begonnen haben. Als Wartezeit wurde die Dauer zwischen dem ersten Kontakt in der psychotherapeutischen Sprechstunde und dem Beginn der Psychotherapie definiert. Die Auswertung der Daten kommt zu dem Ergebnis, dass die Wartezeit im Median 97 Tage bzw. 13,9 Wochen betrug. Eine Untergruppenanalyse ergab, dass Kinder und ältere Menschen in Bayern bis zum Therapiebeginn durchschnittlich längere Zeitspannen in Kauf nehmen mussten. Auch zeigten sich regionale Unterschiede bei den Wartezeiten: Im Regierungsbezirk Oberfranken und in einigen Landkreisen der Oberpfalz beträgt die Wartezeit teilweise über 130 Tage, während sie in München bei 82 Tagen liegt.


Die Patientinnen und Patienten sind allerdings innerhalb der knapp 14 Wochen zwischen der ersten Sprechstunde in der Praxis und dem eigentlichen Therapiebeginn nicht ohne Kontakt mit dem Psychotherapeuten. Innerhalb dieser Zeitspanne kommt es im Mittel zu 6 Terminen, in denen weitere psychotherapeutische Sprechstunden und die vorgeschriebene Probatorik stattfinden. Diese Kontakte sind noch kein Bestandteil der nachfolgenden Psychotherapie, sondern werden vor allem für eine sorgfältige, vertiefende Diagnostik und die Erarbeitung einer zuverlässige Indikationsstellung genutzt. Zudem werden hier Möglichkeiten eingesetzt, Motivation und therapeutische Settings im Sinne einer Probebehandlung zu überprüfen.


Die KVB sieht in der Analyse der Abrechnungsdaten der GKV eine geeignete Möglichkeit, bestehende Ansätze der Analyse von Wartezeiten auf den Beginn einer Psychotherapie zu ergänzen. Insbesondere für die Berechnung der zeitlichen Ausdehnung zwischen der Aufnahme der Sprechstunden und dem Beginn der Psychotherapie können hier weitgehend verzerrungsfreie Ergebnisse beigesteuert werden, die die Diskussion über die Länge der Wartezeiten auf einen Psychotherapieplatz weiter präzisieren können. Allerdings ist die Wartezeit von der Kontaktaufnahme bis zum ersten Sprechstundentermin in den Abrechnungsdaten nicht erfasst.


Hintergrund für diese KVB-Analyse sind unter anderem auch Überlegungen des Bundesgesundheitsministeriums, die Bedarfsplanung im Bereich der Psychotherapie zu reformieren, und dabei gegebenenfalls zusätzliche Niederlassungsmöglichkeiten für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu schaffen. Dazu erklärte die zweite stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVB, Dr. Claudia Ritter-Rupp: "Unser Ziel ist es, die Diskussion um die Anpassung der Bedarfsplanung zu versachlichen. Zum ersten Mal liegen nun echte, in die Tiefe bearbeitete Abrechnungsdaten vor, die anders als Befragungen deutlich besser belegen können, wie lange die Wartezeit bis zum Beginn einer Psychotherapie wirklich ist." Anhand des umfänglichen und für den Bereich der GKV repräsentativen Datenmaterials lässt sich erkennen, dass die Wartezeiten nicht einheitlich sind, sondern patientenbezogene und regionale Schwankungsbreiten aufweisen. Möglicherweise könnten diese Erkenntnisse über zum Beispiel regional deutlich unterschiedliche Wartezeiten auch bei der Weiterentwicklung der Bedarfsplanungsrichtlinie hilfreich sein.

Die Untersuchung der KVB finden Interessierte auf dem Wissenschaftsserver Zenodo unter https://doi.org/10.5281/zenodo.7599322