Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB)Ausdruck vom 26.04.2024 14:44 Uhr

KVB-Presseinformation

KVB: Gutachten kritisiert fehlende Evidenz bei Gesundheits-Apps

München, 19. Dezember 2022: Rund anderthalb Jahre nach der bundesweiten Einführung der Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) liegt nun eine erste umfassende Analyse vor. In einem Gutachten haben Experten der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der TU Berlin und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) untersucht, wie sich die Studienlage zu den aktuell in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufgenommenen Gesundheits-Apps darstellt.

Das Fazit: Den untersuchten DiGA fehlt es vielfach an wissenschaftlicher Tiefe und folglich an Evidenz als Basis für die Aufnahme in das bundesweite DiGA-Verzeichnis. Die DiGA-Analyse ist online auf www.kvb.de unter Praxis / IT in der Praxis / Digitale Gesundheitsanwendungen verfügbar.

Der Vorstand der KVB – Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz und Dr. Claudia Ritter-Rupp – erklärte dazu: "Die jetzt vorliegende Analyse zeigt, dass Wirksamkeitsstudien der DiGA den wissenschaftlichen Standards nicht genügen und folglich keine Grundlage haben, in Bezug auf die Wirksamkeit dauerhaft in die ärztliche und psychotherapeutische Versorgung zu gelangen.

Nach der Aufnahme bleiben den App-Herstellern zwei Jahre Zeit, den entsprechenden Nachweis zu erbringen. In diesem Zeitraum können die betreffenden DiGA ungeprüft vom Patienten angewendet werden und möglicherweise sogar Schäden verursachen. Deshalb können wir unseren Mitgliedern derzeit die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nicht empfehlen."

Selbst nach Abschluss der Studien zur Nutzenbewertung blieben DiGA mit unzureichender wissenschaftlicher Güte in der Versorgung. So zeigten die Bewertungsergebnisse des Gutachtens deutlich, dass in der Mehrzahl die Studien zu DiGA ein beträchtliches Verzerrungspotential aufweisen.

Der Vorstand der KVB kritisiert ferner, dass bei der möglichen Verordnung von Gesundheits-Apps noch zahlreiche weitere Probleme, wie zum Beispiel Erprobungszeiträume, hohe Kosten, Haftung, Wirksamkeit und mögliche unerwünschte Wirkungen, nicht geklärt seien. Insofern würden aktuell Krankenkassenbeiträge für digitale Anwendungen fragwürdigen Nutzens ausgegeben, die an anderer Stelle im Gesundheitswesen dringend gebraucht würden.

Die DiGA seien aktuell nicht mehr als "eine reine Projektionsfläche für die Hoffnungen auf eine zeitgemäße Digitalisierung im Gesundheitswesen". Der Nachweis eines medizinischen Nutzens ist angesichts der ungenügenden wissenschaftlichen Tiefe der Wirksamkeitsstudien vielfach nicht erbracht.

Die Bundespolitik ist nun gefordert, den wissenschaftlichen Erkenntnissen Gehör zu schenken und bei den Aufnahmekriterien der Gesundheits-Apps in das DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nachzubessern.