Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB)Ausdruck vom 26.04.2024 14:51 Uhr

KVB-Presseinformation

KVB-Vertreterversammlung: Ukrainekrieg und Corona stellen Praxen vor riesige Herausforderungen

München, 21. März 2022: Der brutale russische Angriffskrieg auf die Ukraine war ein bestimmendes Thema in der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) am Samstag in München. Einstimmig verabschiedete die VV unter Leitung der Vorsitzenden Dr. Petra Reis-Berkowicz eine Resolution, in der es unter anderem heißt: "Die Invasion Russlands in die Ukraine erfüllt die in der KVB verbundenen Ärzte und Psychotherapeuten mit Abscheu. Wir trauern um die vielen Opfer dieses Kriegs und sind bestürzt über die grenzenlosen Zerstörungen. Die Ärzte und Psychotherapeuten haben sich den in Bayern angekommenen Flüchtlingen sofort angenommen und bemühen sich mit großer Hingabe um eine bestmögliche Versorgung." Zusätzlich zu den Folgen des Kriegs in der Ukraine und der Corona-Pandemie befasste sich die VV auch noch intensiv mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Menschen. Die Umweltmedizinern Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann berichtete in einem Impulsvortrag eindrucksvoll über die gesundheitlichen Effekte des Klimawandels und zeigte mögliche Maßnahmen auf. Die VV verabschiedete dazu mehrere Anträge.

Der Vorstand der KVB – Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz und Dr. Claudia Ritter-Rupp – zeigte sich zu Beginn seiner Vorträge erschüttert ob des kriegerischen russischen Angriffs auf die Ukraine. Die bayerischen Ärzte und Psychotherapeuten engagierten sich mit vollem Einsatz in der medizinischen Versorgung der vom Krieg betroffenen Menschen. Derzeit laufe die Abstimmung mit Politik und Krankenkassen, wie die ambulante Versorgung der aus der Ukraine Geflüchteten dauerhaft sichergestellt werden kann. Neben der Corona-Pandemie, die noch längst nicht bewältigt ist, stehen die Praxen damit vor einer weiteren großen Herausforderung. Insofern sei es nicht nachvollziehbar, dass die Politik nach wie vor die notwendige Wertschätzung für die Leistungen der Niedergelassenen vermissen lasse. Dies zeige sich nicht nur an der Verhinderung eines Bonus für die medizinischen Fachangestellten (MFA), sondern vor allem an der nach wie vor völlig praxisuntauglichen Einführung der Telematikinfrastruktur und digitaler Anwendungen.

Zwar sind mittlerweile 88,7 Prozent aller Praxen in Bayern an die Telematikinfrastruktur angebunden. Doch permanente technische Probleme wie Abstürze von Kartenterminals und der Austausch aller Konnektoren sowie immer wieder neu aufgedeckte Datenschutzverstöße behinderten die Abläufe in den Praxen der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten massiv. Die VV stimmte unter anderem einstimmig einem Antrag zu, in dem der Gesetzgeber aufgefordert wird, eindeutig im Sozialgesetzbuch (SGB V) klarzustellen, dass die datenschutzrechtliche Verantwortung für zugelassene Komponenten der dezentralen Infrastruktur der TI bei den jeweiligen Herstellern und der gematik liegt und nicht bei den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten.

In Bezug auf die Corona-Pandemie berichtete der Vorstand der KVB über das Erreichen von 12 Mio. Impfungen in den Vertragsarztpraxen in Bayern. Die Hoffnung, dass sich durch den Novavax-Impfstoff die Quote der Impfwilligen erhöhen würde, habe sich bislang nicht erfüllt. Insofern hält der Vorstand der KVB seine Forderung nach einer allgemeinen, im Gesetz verankerten Impfpflicht weiterhin aufrecht. Zunehmend aufwändiger wird inzwischen der Umgang mit den längerfristigen Folgen einer akuten Corona-Erkrankung. So wurden in Bayern im vergangenen Jahr über 140.000 Patienten mit einer Long-Covid-Symptomatik behandelt, drei Viertel davon in den Praxen der Hausärzte. Auch Pneumologen und Kardiologen sind in die Behandlung stark eingebunden. Mit dem seit Sommer 2021 bestehenden KVB-Long-Covid-Netzwerk und Fortbildungsseminaren sollen die Ärzte und Psychotherapeuten für die Herausforderungen, die mit dem komplexen Krankheitsbild verbunden sind, fit gemacht werden.

Ein weiterer Schwerpunkt in den Ausführungen des Vorstands galt dem Blick auf die Versorgungssituation in den verschiedenen Regionen Bayerns. Dabei ist Mangel allerorten bemerkbar. So bestehen bayernweit aktuell über 400 Niederlassungsmöglichkeiten für Hausärzte. In der fachärztlichen Versorgung ist der Mangel lokal so deutlich spürbar, dass die KVB erste Eigeneinrichtungen, wie in Kürze eine Hautarztpraxis in Wunsiedel, errichten muss. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie bringt einen deutlich erhöhten Bedarf für die psychotherapeutische Versorgung mit sich. Gerade bei den Kindern und Jugendlichen sind die Folgen der Lockdown-Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie gravierend. Die KVB hat deshalb verschiedene Maßnahmen ergriffen, wie die Einrichtung eines Runden Tisches mit Ministerien sowie BLÄK und PTK Bayern, die Unterstützung der Mitglieder bei der Einhaltung der Versorgungsaufträge und die Möglichkeit von Ermächtigungen für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in besonders betroffenen Regionen. Auch die Forderung nach einer Anpassung der Richtlinien der Bedarfsplanung wurde gegenüber dem Gesetzgeber mehrfach erhoben. Ziel einer solchen Änderung sei es, die Zahl der möglichen Zulassungen im Bereich der psychotherapeutischen Versorgung zu erhöhen.