Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB)Ausdruck vom 26.04.2024 14:40 Uhr

Presseinformation

KVB-Vertreterversammlung: Agieren statt reagieren

München, 18. März 2024: Ein Bild großer Einheit bot die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), die am vergangenen Freitag in München stattfand. Sämtliche Anträge, die zur Abstimmung standen, wurden jeweils mit großer Mehrheit, häufig sogar einstimmig, verabschiedet. Dazu gehörten unter anderem Resolutionen gegen zunehmend in der Gesellschaft grassierende Tendenzen von Extremismus und Ausgrenzung sowie gegen die geplante Einrichtung einer Bundes-Ethikkommission unter dem Dach des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie eine erneute deutliche Positionierung in Sachen investorengetragene Medizinische Versorgungszentren (iMVZ): So setzt sich die VV der KVB weiterhin klar für die vom Bundesrat unter anderem auf Anregung Bayerns beschlossene Initiative zur Begrenzung des Einflusses von Finanzinvestoren im deutschen Gesundheitswesen ein. Die VV-Vorsitzende Dr. Petra Reis-Berkowicz fasste die künftige Zielrichtung der VV kurz und prägnant zusammen: "Wir wollen mehr agieren und weniger nur reagieren auf das, was uns der Gesetzgeber vor die Tür schüttet." Deshalb sei eine eigene Arbeitsgruppe zur Zukunft der ambulanten Versorgung eingerichtet worden.

Der Vorstand der KVB – Dr. Christian Pfeiffer, Dr. Peter Heinz und Dr. Claudia Ritter-Rupp – legte in seinen Berichten den Schwerpunkt auf die bereits laufenden Initiativen der KVB, um unter immer schwieriger werdenden Bedingungen die ambulante ärztliche und psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen. So habe man in den Honorarverhandlungen mit den Krankenkassen in Bayern die Bundesvorgaben um einige Prozentpunkte steigern können, indem man sich auf die Fortführung fast aller förderungswürdigen Leistungen und die Fortführung der Förderungen im Bereitschaftsdienst verständigt hatte. Zu diesem positiven Ergebnis hat aus Sicht des Vorstands der KVB besonders beigetragen, dass die Krankenkassen die zahlreichen Projekte der KVB für eine Reform der Notfallversorgung in Bayern anerkennen und unterstützen. Für ein Modellprojekt zur Patientensteuerung im Klinikum Rosenheim hat die KVB gemeinsam mit weiteren Partnern erst kürzlich bei einer Veranstaltung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) in Berlin einen der Preise "Ausgezeichnete Gesundheit 2024" erhalten.

Um die ambulante Versorgung auch in Zukunft sicherstellen zu können, ist die Nachwuchsförderung von großer Bedeutung. Bereits heute gibt es immer mehr Regionen in Bayern, die in die Unterversorgung rutschen. Wenn alle anderen Versuche, hier in einem angemessenen Zeitraum Praxisnachfolgerinnen oder -nachfolger zu finden, scheitern, bleibt gemäß den Vorgaben des Gesetzgebers nur die Eröffnung von Eigeneinrichtungen. Inzwischen betreibt die KVB eine Praxis für Dermatologie in Marktredwitz und eine Hausarztpraxis in Ering am Inn. Sieben weitere Eigeneinrichtungen sind derzeit in Planung. Dabei setzt man von Seiten der KVB auf eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen vor Ort. Ziel ist es dabei aus Sicht des Vorstands der KVB, dass die Praxen mittelfristig von den angestellten Ärztinnen und Ärzten übernommen und in Eigenregie weitergeführt werden.

Mit zahlreichen Förderprogrammen unterstützt die KVB junge Ärztinnen und Ärzte dabei, Erfahrungen in der ambulanten medizinischen Versorgung zu sammeln. Dazu gehören die Förderung von Famulaturen und jetzt neu der Tätigkeit in einer Praxis im Praktischen Jahr sowie die gesetzlich vorgeschriebene Förderung der Weiterbildung im haus- und im fachärztlichen Bereich. Zudem werden in der Beratung neben den Mitgliedern immer mehr Interessenten für eine Niederlassung in ihren Anliegen unterstützt. Wie der Vorstand der KVB berichtete, entfiel von knapp 267.000 Mitgliederkontakten im vergangenen Jahr ein Drittel auf junge Medizinerinnen und Mediziner. Die 353 Online- und Präsenz-Seminare der KVB im Jahr 2023 verzeichneten rund 12.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Insbesondere in Bezug auf die psychotherapeutische Versorgung sorgen weiterhin die digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) für Gesprächsstoff. So gelangten diese nach wie vor im Regelfall ohne wissenschaftliche Evidenz in die Versorgung. Einen Antrag, dies zu ändern und DiGA erst nach erfolgtem Nachweis einer ausreichend hohen Evidenz in das entsprechende Verzeichnis des BfArM aufzunehmen, wurde von der VV einstimmig angenommen. Bei den DiGA ebenso wie beim Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin warnte der Vorstand der KVB vor einer Vernachlässigung der Risiken. Die Verantwortung könne nicht von einer Maschine übernommen werden, sondern ist und bleibe beim behandelnden Arzt/Ärztin beziehungsweise Psychotherapeut/Psychotherapeutin. Der Vorstand der KVB gab auch einen Überblick des Digital-Gesetzes, das der Primärnutzung elektronischer Gesundheitsdaten dient, sowie des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes, das der Sekundärnutzung elektronischer Gesundheitsdaten gewidmet ist. Ein wesentliches Element des Digital-Gesetzes ist die elektronische Patientenakte (ePA), die von den Krankenkassen ab 2025 allen Versicherten zur Verfügung gestellt wird, sofern diese nicht widersprechen. Wichtig ist hierbei eine gute Aufklärung der Patientinnen und Patienten über die Vor- und Nachteile der ePA. Hier gebe es im Vorfeld noch erheblichen Informationsbedarf durch Bundesgesundheitsministerium und Krankenkassen, damit nicht ein ebensolches Kommunikationsdesaster drohe wie zuletzt bei der Einführung des elektronischen Rezepts zum Jahresanfang.