Presseinformation KVB-Vorstand: "Politik verschleppt Reformen"
München, 18. Dezember 2025: Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) zieht eine kritische Bilanz des Jahres 2025 und sieht die ambulante Versorgung im Freistaat vor großen Herausforderungen. Der Vorstand der KVB – Dr. Christian Pfeiffer, Dr. Peter Heinz und Dr. Claudia Ritter-Rupp – machte heute im Rahmen seiner Jahrespressekonferenz im Münchner Presseclub deutlich: Während die Bundespolitik zentrale Reformen verschleppt, zeigen die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Bayern, wie die ambulante Versorgung gesichert und verbessert werden kann.
Gesundheitspolitisches Jahr voller Brüche
2025 war ein gesundheitspolitisches Jahr voller Brüche und Herausforderungen. Mit dem Amtsantritt von Gesundheitsministerin Nina Warken haben wir die berechtigte Erwartung eines gesundheitspolitischen Aufbruchs verbunden. Bislang ist noch nicht viel passiert. Für uns gilt: Wer medizinische Versorgung im Flächenland Bayern ernst meint, muss differenzieren – und darf nicht an Versorgungsrealitäten vorbeiplanen.
Hausärztliche Versorgung: Trendumkehr erreicht
Ein Erfolg ist, dass wir im hausärztlichen Bereich erstmals seit vielen Jahren eine Trendumkehr sehen. Die Zahl der Hausärztinnen und Hausärzte in Bayern steigt wieder – wenn auch langsam und unter geänderten Rahmenbedingungen. Seit 2022 konnten wir über 200 neue Ärztinnen und Ärzte im hausärztlichen Bereich gewinnen – berücksichtigt man die Teilzeitfaktoren, bleiben davon rund 35 voll anrechenbare, zusätzliche Stellen. Die Richtung stimmt.
Landarztquote und Lehrstühle für Allgemeinmedizin zeigen Wirkung
Maßnahmen wie rund 2.000 geförderte Weiterbildungsstellen, die Landarztquote der Staatsregierung oder die Einrichtung von Lehrstühlen für Allgemeinmedizin an den Universitäten im Freistaat zeigen Wirkung. Damit stabilisieren wir die hausärztliche Versorgung und schaffen Perspektiven für die Zukunft.
Digitalisierung von Ärzten für Ärzte
Von Seiten der KVB aus haben wir in diesem Jahr gerade im Bereich der Digitalisierung einige bedeutende Schritte zurückgelegt. Mit "DocOnLine" haben wir ein eigenes Angebot für die Nutzung der Telemedizin im Bereitschaftsdienst etabliert – ohne Investoren und ohne externe Profitinteressen.
Private Equity greift nach immer mehr Praxissitzen
Sorge macht uns die zunehmende Ausbreitung der investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren in der Hand von Private Equity Gesellschaften. Sie ballen sich in großen Städten, schaffen dort beinahe monopolartige Strukturen und lassen auf dem Land kaum nachhaltige Präsenz erkennen.
Hybrid-DRG: transparente und wirtschaftlich realistische Honorierung
Ein Brennpunkt bleibt die Krankenhausreform. Ambulantisierung darf nicht bedeuten, dass Krankenhäuser ihre Tätigkeiten einfach in die ambulante Versorgung ausdehnen. Für Frustration sorgt auch der aktuelle Stand bei der Einführung der Hybrid-DRGs. Wir brauchen eine klare, transparente und wirtschaftlich realistische Honorierung – nicht irgendwann, sondern jetzt.
Sparen bei Facharztversorgung: sachlich falsch und politisch gefährlich
Seit Einführung der Budgetierung haben die Fachärztinnen und Fachärzte allein in Bayern Leistungen im Wert von rund neun Milliarden Euro erbracht, die nicht vergütet wurden. Es ist sachlich falsch und politisch gefährlich, ausgerechnet den ambulanten Bereich zu belasten, der 97 Prozent der Versorgung leistet, dabei nur 16 Prozent der Kosten verursacht und hocheffizient arbeitet.
Digitale Geräte kein Ersatz für menschliche Zuwendung
Wir stehen vor einer Entwicklung, die sich in besorgniserregender Geschwindigkeit vollzieht: Wir dürfen nicht zulassen, dass digitale Geräte in den ersten Lebensjahren der Kinder zum Ersatz für menschliche Zuwendung werden.
Mindestalter für Nutzung sozialer Plattformen
Aus unserer Sicht wäre es dringend notwendig, ein Mindestalter für den Zugang zu sozialen Medien gesetzlich zu verankern und zugleich die Eltern in Sachen Gesundheitskompetenz zu unterstützen.
Masterplan Prävention richtiger Ansatz
Positiv hervorzuheben ist, dass wir in Bayern dank des Engagements von Gesundheitsministerin Judith Gerlach einen umfassenden Masterplan Prävention haben. Unser Beitrag hierzu ist unter anderem das Projekt "Krisenfest".
Handeln in Regionen mit langen Wartezeiten auf eine Psychotherapie
Gemeinsam mit den Krankenkassen ist es uns gelungen, Regionen mit besonders langen Wartezeiten zu identifizieren und die Versorgungssituation durch gezielte Sonderbedarfszulassungen und Ermächtigungen nachhaltig zu stärken.
US-Tech-Unternehmen dürfen nicht medizinische Versorgung bestimmen
Die Anwendung künstlicher Intelligenz in der Medizin bietet große Chancen, birgt aber auch Risiken. Ärztliche Tätigkeit ist weit mehr als das Messen und Interpretieren von Daten. Sie steht für Beurteilung, Verantwortung und ethisches Handeln. Deregulierungen, die dazu führen, dass große US-Technologiekonzerne bestimmen, wie medizinische Versorgung aussieht, dürfen wir nicht zulassen.


