Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB)Ausdruck vom 08.12.2024 03:56 Uhr
KVB-Vertreterversammlung: Einigkeit in politisch unsicheren Zeiten
München, 25. November 2024: Zusammenhalt in politisch unruhigen Zeiten war das Motto der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), die am vergangenen Freitag in München stattfand. Während in Berlin das Krankenhausreformgesetz den Bundesrat passierte, diskutierte die VV in München über sämtliche Themen rund um die Zukunft der ambulanten Versorgung im Freistaat. Das Gros der Anträge wurde dabei einstimmig verabschiedet. Dazu gehörten die Aufforderung an die Krankenkassen, sich auf ihre Rolle als Kostenträger zu konzentrieren, eine Resolution für einen Neustart bei der Ambulantisierung von medizinischen Leistungen und ein Antrag zur Reduktion des bürokratischen Aufwands bei der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA).
Die Vorsitzende der Vertreterversammlung, Dr. Petra Reis-Berkowicz, hatte zunächst das Wort an Dr. Rainer Hutka, den neuen Amtschef im Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention, übergeben. Dr. Hutka betonte den engen politischen Schulterschluss mit den ambulant tätigen Ärzten und Psychotherapeuten bei den Themen Entbudgetierung von ambulanten Leistungen, stärkerer Regulierung von investorengetragenen medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) sowie eigener Bedarfsplanung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Alle Ziele seien mit dem Auseinanderbrechen der Ampel-Regierung zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben.
Über die Entwicklungen der vergangenen Monate berichtete der Vorstand der KVB, Dr. Christian Pfeiffer, Dr. Peter Heinz und Dr. Claudia Ritter-Rupp. So wolle die KVB die digitale Vernetzung mit den Mitgliedern weiter vorantreiben, um die Arbeit in den Praxen zu erleichtern. Um den Ärztlichen Bereitschaftsdienst noch besser mit der stationären Akut- und Notfallmedizin zu verzahnen und Patienten medizinisch zielgerichtet steuern zu können, startet die KVB demnächst drei Pilotprojekte in Augsburg, Rosenheim und Würzburg. Ein erstes Pilotprojekt dieser Art hatte die KVB bereits im vergangenen Jahr zusammen mit den Romed Kliniken erfolgreich durchgeführt. Bei der Abrechnung der Hybrid-DRG werde sich die KVB mit Nachdruck in den Wettbewerb mit anderen Abrechnungsdienstleistern begeben, um ihren Mitgliedern den bestmöglichen Service zu bieten. Dieses Engagement der KVB wurde in der anschließenden Aussprache von zahlreichen Mitgliedern der VV ausdrücklich gelobt.
Hartnäckig bleibt der Vorstand der KVB auch bei den Themen Digitale Gesundheitsanwendungen (DIGA) und KI in der Medizin. Mitte November hat die KVB ein eigenes Positionspapier zur besseren Einbindung von DIGA in die ambulante Versorgung veröffentlicht. Gerade der oftmals nicht vorhandene Nutzennachweis und fehlende Maßnahmen gegen die hohe Abbruchquote bei DIGA werden kritisch gesehen. In Bezug auf KI in der Medizin waren sich Vorstand und die bayerischen Vertreterinnen und Vertreter der Ärzte und Psychotherapeuten einig: KI kann ärztliche und psychotherapeutische Versorgung nie ersetzen, sondern maximal ergänzen.
Die Einführung der elektronischen Patientenakte wird der Vorstand weiterhin konstruktiv-kritisch begleiten. Immerhin bietet das aktuell politisch unsichere Umfeld die Chance, dass die Feldversuche zur Einführung der ePA möglicherweise verlängert werden, um eine umfassende Funktionsfähigkeit in den Praxen zu garantieren. Keinesfalls dürfe die ePA nur im Schnelldurchlauf getestet werden, um anschließend unausgereift in die Versorgung zu gelangen.
Kritisch sieht die bayerische Ärzteschaft Ambitionen der Krankenkassen, auf Basis der Auswertung von Patientendaten ihre Versicherten stärker zu steuern oder gar als Leistungserbringer in Konkurrenz zu den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten zu treten. Die Praxen müssten weiterhin die Entscheidungshoheit über die passende Therapie ihrer Patienten behalten. Hart ging die Vertreterversammlung auch mit den bisherigen bundespolitischen Versuchen der Ambulantisierung von Leistungen ins Gericht. Nur ein Neustart bei der Verzahnung von ambulanten und stationären Leistungen könne verhindern, dass von einer Ambulantisierung vor allem die Kliniken profitieren könnten. Eine künftige Bundesregierung ist aufgefordert, eine klare Struktur bei den ambulant zu erbringenden Leistungen zu schaffen, um ein Ungleichgewicht zwischen stationären und ambulanten Sektor zu verhindern.
Große Sorgen bereiten den ambulant tätigen Ärzten und Psychotherapeuten in Bayern die zunehmende verbale, aber auch körperliche Gewalt in den Praxen. Auch für die medizinischen Fachangestellten in den Praxen ist die Zunahme an aggressiven Verhaltensweisen sehr belastend. Die Vertreterversammlung beschloss daher zu prüfen, inwieweit die KVB die Fach- und Koordinierungsstelle PSU eventuell künftig unterstützt. Die PSU hilft den durch schwerwiegende Ereignisse belasteten Ärzten und Psychotherapeuten wie auch deren Mitarbeitern mit einer eigenen Telefonhotline oder auch vor Ort in der Praxis bei der Bewältigung dieser Belastungssituationen.