Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB)Ausdruck vom 25.11.2025 15:38 Uhr
KVB Logo im Header

Presseinformation KVB-Vertreterversammlung: Fundierte Kritik an iMVZ – Politik muss endlich handeln

München, 25. November 2025: Die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) hat sich in ihrer Sitzung am vergangenen Freitag intensiv mit der dringend notwendigen Regulierung von investorenbetriebenen Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ) auseinandergesetzt. Zudem beschäftigte sich die VV unter anderem mit den Auswirkungen des Einsatzes der Künstlichen Intelligenz (KI) auf die ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen.

Mit eindringlichen Worten warnte die VV-Vorsitzende Dr. Petra Reis-Berkowicz vor einer Ausdünnung der ambulanten ärztlichen Versorgung in Bayern durch das Vordringen renditeorientierter Investoren aus dem In- und Ausland: "Der Zeit- und Kostendruck in iMVZ-Ketten und Private Equity Gesellschaften (PEG) führt zu einer Verschlechterung der ambulanten Versorgung. Das Patientenwohl muss aber stets über wirtschaftlichen Interessen stehen." Die Politik habe bisher auf allen Ebenen nur zögerlich reagiert. Dabei brauche es dringend regulierende Maßnahmen wie die Verschärfung des Fremdbesitzgesetzes, das von kapitalstarken Investoren als Schlupfloch genutzt werde. "Der Fokus der iMVZ liegt klar auf lukrativen Leistungen. Die individuelle Medizin wird in den Hintergrund gedrängt und das Geld landet auf den Bahamas", so Dr. Reis-Berkowicz.  

Der KVB-Vorstand – Dr. Christian Pfeiffer, Dr. Peter Heinz und Dr. Claudia Ritter-Rupp – ging in seinen Statements ebenfalls auf das Thema ein. Sachstand in Bayern: im Bereich der Augenheilkunde liegt der Anteil von PEG an allen MVZ bei über 40 Prozent, alle großen Ketten sind komplett in der Hand von PEG und im Bereich der Radiologie und Labormedizin liegen die Anteile bereits bei über 50 Prozent. In der Orthopädie und Dermatologie ist ein wachsender Marktanteil von Investoren zu beobachten. Mittlerweile lägen Auswertungen vor, die zeigen, dass die PEG sich nicht in der breiten ländlichen Fläche engagieren, sondern eine Konzentration und damit Marktbeherrschung anstrebten. Auch zeigten Analysen im hausärztlichen Bereich, dass der Großteil dieser Praxen nicht den hausärztlichen Versorgungsauftrag erfüllt. Die Fakten widerlegen aus Sicht des Vorstands der KVB die immer wieder von Befürwortern angeführte Behauptung, iMVZ und PEG sicherten die medizinische Versorgung auch in den ländlichen Regionen. "Die Regulierung von iMVZ steht zwar im Koalitionsvertrag, aber es tut sich nichts", kritisierte der KVB-Vorstand und versprach: "Wir werden nicht lockerlassen und weiter beim Gesetzgeber insistieren, bis eine Regulierung stattfindet."

Ein weiteres Anliegen in der Vertreterversammlung war die Förderung der Weiterbildung der jungen Kolleginnen und Kollegen. Gerade in der psychotherapeutischen Weiterbildung liege hier einiges im Argen. Zwar sei die Verbesserung der psychischen Gesundheit der Kinder und Jugendlichen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, doch könnte auch eine bessere Förderung der Weiterbildung dazu beitragen, dass künftig wieder mehr Nachwuchs für die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung von Kindern, Jugendlichen und – durch die neue Weiterbildung zum Fachpsychotherapeuten – auch Erwachsenen gewonnen werden kann.

Für besondere Aufmerksamkeit in der VV sorgten die zahlreichen Beispiele für den Einsatz von KI in den Praxen sowie die mit wenig menschlichen Einfluss ablaufenden Behandlungsmodelle wie "Doc in the box", bei denen bei Bedarf Videoärztinnen und -ärzte hinzugezogen werden können. Auch entsprechende KI-gestützte Angebote großer Drogeriemärkte zur Augen- und Hautanalyse wurden kritisch hinterfragt. Hierbei werde die ärztliche Kernkompetenz massiv in Frage gestellt und das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis stark in Gefahr gebracht. Dennoch dürfe man sich solchen Entwicklungen gegenüber nicht verschließen, sondern müsse diese genau im Blick behalten und kritisch hinterfragen, inwiefern diese dem Patientenwohl dienen können.

Mit großer Mehrheit verabschiedete das Gremium zudem eine Resolution im Zusammenhang mit dem Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein Apothekenversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (ApoVWG). Die darin vorgesehene Aufgabenerweiterung von Apotheken im Bereich pharmazeutischer Dienstleistungen sowie Etablierung von Diagnosestellungen durch Apothekerinnen und Apotheker oder deren Personal lehnten die Mitglieder der VV ab und forderten den Gesetzgeber auf, dieses Vorhaben aus dem Entwurf zu streichen. Die Erfahrungen zeigten bereits jetzt, dass die Patienten zur Diagnostik der Befunde aus der Apotheke beziehungsweise zur Behandlung der Symptome ohnehin weiterhin ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte aufsuchten.