Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB)Ausdruck vom 01.11.2024 17:33 Uhr

Presseinformation

KVB-Vertreterversammlung im Dialog mit der Politik

München, 20. Juni 2024: Ein Höhepunkt der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), die gestern in München stattfand, war der Austausch mit Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach. Diese bedankte sich eingangs für das große Engagement der Ärzteschaft und der KVB bei der Bewältigung der Flutschäden nach dem verheerenden Hochwasser in den vergangenen Wochen. So hatte die KVB unter anderem in Babenhausen im Unterallgäu kurzfristig eine Bereitschaftspraxis eingerichtet, um die Akutversorgung der Bevölkerung vor Ort sicherzustellen. Zudem ging die Ministerin ausführlich auf das geplante Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) ein und erklärte, dass Bayern im Bundesrat mehrere Änderungsanträge in das laufende Gesetzgebungsverfahren eingebracht hat. In der anschließenden Diskussion berichteten die Vertreter der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten über die Probleme und Herausforderungen in ihrem Praxisalltag. Insbesondere die nach wie vor fehleranfällige Digitalisierung wie auch die leistungsfeindliche Budgetierung und der Mangel an Nachwuchs kamen dabei zur Sprache. Aus Sicht der Ministerin sind Verbesserungen nur im Schulterschluss mit denen möglich, die auch wirklich in der Praxis tätig sind und die gesetzlichen Vorgaben umsetzen müssen. Damit traf sie genau den Nerv der Delegierten in der VV, denn auch die VV-Vorsitzende Dr. Petra Reis-Berkowicz hatte eingangs gefordert: "Jeder neue Gesetzentwurf führt zu mehr staatlicher Kontrolle und Regulierungen. Als Ärzteschaft müssen wir dem etwas entgegensetzen, mit einer Stimme sprechen und unseren Sachverstand und Erkenntnisse aus den Praxen einbringen."

Über die Erfahrungen und Entwicklungen der vergangenen Monate berichtete anschließend der Vorstand der KVB – Dr. Christian Pfeiffer, Dr. Peter Heinz und Dr. Claudia Ritter-Rupp. Dabei ging es im Schwerpunkt darum, wie die ambulante Versorgung in Bayern durch einen zunehmen Mangel an Nachwuchs bei gleichzeitig immer weiter zunehmenden Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten immer mehr unter Druck gerät und welche Lösungsmöglichkeiten es geben könnte. Ein möglicher Ansatz ist die Telemedizin, so wie bei dem gerade von der KVB gestarteten Projekt "DocOnLine". Auch soll es bis Ende nächsten Jahres an den KVB-Standorten München und Würzburg eigene Showrooms einer digitalen Zukunftspraxis geben, in denen sich interessierte Mitglieder einen Eindruck der Chancen der Digitalisierung in der medizinischen Versorgung machen können. Ein weiterer Ansatz ist die Unterstützung der Studierenden, damit diese möglichst frühzeitig mit dem ambulanten Versorgungssystem in Berührung kommen und die Möglichkeiten einer Niederlassung in eigener Praxis für sich in Erwägung ziehen. Deshalb wird die KVB künftig zusätzlich zur bestehenden Famulaturförderung auch eine eigene Förderung für das "Praktische Jahr" im Studium anbieten.

Als mehr als kontraproduktiv für die Gewinnung von Nachwuchs wurden hingegen die zuletzt von einer Regierungskommission ins Spiel gebrachten Vorschläge des Abbaus einer angeblichen "doppelten Facharztschiene" gewertet. Dies ist aus Sicht des Vorstands der KVB ein Frontalangriff auf die Fachärzte in eigener Praxis und würde in der Umsetzung langfristig dazu führen, dass diese nur noch an Kliniken tätig sein können – mit gravierenden Folgen für die Patientenversorgung. Um sinnvollere Wege der Patientensteuerung zu finden, wurde in der KVB mittlerweile eine eigene Arbeitsgruppe mit Vertretern der Haus- und Fachärzte gebildet. Um das Zusammenwirken von Krankenhäusern und Praxen geht es auch bei der speziellen sektorengleichen Vergütung, den sogenannten Hybrid-DRG. Die KVB bietet ihren Mitgliedern dafür ein umfassendes Serviceangebot an, um die Abrechnung so einfach und unproblematisch wie möglich zu gestalten.

Der letzte Block im Bericht des Vorstands galt dann in besonderem Maße dem Schutz der persönlichen Gesundheitsdaten der Patienten. Gerade durch die Anwendung der künstlichen Intelligenz (KI) in der Medizin steigt der Druck, immer mehr Daten für durchaus notwendige und sinnvolle Wissenschaft und Forschung, aber möglicherweise eben auch für kommerzielle Zwecke nutzbar zu machen. So werben Befürworter für eine "Datenspende" als Frage des Gemeinwohls. Aus Sicht des Vorstands der KVB ändern auch die Möglichkeiten der KI nichts daran, dass der Patient Herr seiner Daten ist und bleiben muss und dass das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinem Arzt beziehungsweise Psychotherapeut höchsten Schutz genießen muss. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Behandlung frei von Interessen Dritter, wie Krankenkassen oder Pharmaunternehmen, stattfinden kann.

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Statement

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach spricht zu den Delegierten der KVB-Vertreterversammlung am 19. Juni 2024 in München.